Kolkata – Victorias Secret
In Eisen gegossen thront Victoria, Kaiserin von Indien, vor ihrem Denkmal, einem Palast aus weißem Stein. Das Victoria Memorial ist die berühmteste Sehenswürdigkeit in Kolkata. Die britische Königin wurde 1877 zur Kaiserin Indiens ernannt. Die Briten machten damals die Stadt am Hoogly-River zur Hauptstadt ihrer Kolonialherrschaft und nannten sie Kalkutta.
Seit der Unabhängigkeit von Großbritannien, 1947, versucht Indien das Trauma der britischen Herrschaft abzustreifen. Kalkutta bekam im Zuge dessen seinen ursprünglichen Namen Kolkata zurück, so wie viele andere indische Städte heute auch wieder ihre alten, indischen Namen tragen.
An unserem ersten Tag nach meiner Ankunft brechen wir früh morgens auf, um Victorias Andenken zu besuchen. Wir haben Glück mit dem Wetter, es ist warm und sonnig. Wir bezahlen 10 Rupien Eintritt und erleben einen herrlichen Sonnenaufgang im weitläufigen Garten des Denkmals. Hier machen die Menschen von Kolkata ihren Frühsport. In Nikies, Shorts und Funktionsshirts marschieren sie im Laufschritt über die Schotterwege. Viele schieben beachtliche Bäuche vor sich her. Fastfood ist beliebt, Sport und Bewegung weniger.
Wir begrüßen Victoria auf ihrem Thron und machen uns anschließend auf den Weg zu Durbar, einer Organisation, die sich um die Belange der Prostituierten in Kolkata kümmert.
Victorias Secret: das größte Rotlichtviertel in Asien
Ein Vermächtnis aus Victorias Zeiten ist nämlich nicht nur das schicke Denkmal. Während der britischen Kolonialherrschaft entstand mitten in Kolkata eines der größten Rotlichtviertel der Welt – Sonagachi. „Zu erst war es ein Viertel für traditionellen Tanz, daraus wurde, wegen der Ansprüche der britischen Armee, ein Sex-Vergnügungsviertel“, erklärt uns Dr. Smarajit Jana, einer der Leiter und Initiatoren von Durbar. 12000 Prostituierte arbeiten in Sonagachi, 8000 von ihnen leben im Viertel. Wir wollen hinein, sehen wie die Frauen leben, ihre Geschichten hören, erfahren wie Prostitution in Indien funktioniert. Dr. Jana verspricht, uns zu helfen und wir verabreden uns für Montag in Sonagachi.
In der Zwischenzeit streifen Nagi und ich mit unserer Kamera durch die lebendigen Gassen und Straßen dieser Megastadt. Das beliebteste Fortbewegungsmittel ist hier der Bus. Zigfach sind die bunten, uralten Busse unterwegs, Einsteigen kann man während der Fahrt, das Ticket kostet 6 Rupien und man kommt wegen der rasanten Fahrweise der Busfahrer schnell voran. Auch die gelben Taxi-Ambassadore prägen das Stadtbild und sind wohl eines der wenigen beliebten Überbleibsel der Briten.
Rikscha-Pullers
Anders als anderswo in Indien sind hier noch die sogenannten Rikscha-Pullers unterwegs. Sie ziehen zu Fuß ihre Kundschaft auf einer Rikscha hinter sich her, wie auf einer Senfte mit Rädern. Ein besonders ungewohntes, unangenehmes Bild. Wir wollen es morgen ausprobieren und selbst eine Rikscha ziehen.
Was die Liebe betrifft, scheinen die Menschen in Kolkata besonders tolerant zu sein. In wenigen anderen indischen Städten haben wir so viele Liebespaare kuschelnd in der Öffentlichkeit gesehen. Außerdem treffen wir am abend, in einer Bar, bei unserem obligatorischen Feierabendbierchen, andere Frauen mit einem Bier vor sich. Das ist auch eher ein ungewohntes Bild in Indien.
Shopping für das Fest
Die Stadt bereitet sich übrigens auf das größte Fest des Jahres vor – Durga-Pooja. Zu vergleichen mit unserem Weihnachtsfest. Heute war deshalb verkaufsoffener Sonntag. Wir waren im Stadtzentrum, um die Shoppingwütigen zu fotografieren. Wahnsinn, was für Menschenmassen! Wie ein verkaufsoffener Sonntag im Main-Taunus-Zentrum nur mal zehn!!! Irre!
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